Bericht Gender Change Party 26.1.02 in K�ln
Im folgenden sind tagebuchartig meine Vorbereitungen und die effektive Gender Change Party vom 26.1.2002 in Köln aus meiner Sicht beschrieben:
(2.01.02)
Inzwischen bin ich mir überhaupt nicht mehr sicher, wie weit ich meine weibliche Seite ausleben möchte. Jedenfalls mehr als bisher. So habe ich mich nun entschlossen, zum ersten Mal en femme ausser Haus zu gehen. Ich möchte die Gender Change Party vom 26.Januar miterleben. Für diesen Abend habe ich schon all mein Mut zusammengenommen und habe mir in einem Warenhaus ein schwarzes, recht einfaches, erotisches Abendkleid und dazu eine passende Damentasche besorgt. Beim Kauf hat eine höbsche Frau ganz erstaunt auf die Tasche in meiner Hand geschaut. Was mag Sie wohl gedacht haben ?
Nun bin ich ganz schön gespannt auf die Party . Ich fühle mich momentan beinahe wie ein Kind, welches auf Weihnachten wartet.
Im schwarzen Kleid wollte ich zuerst an die Party.
(5.01.02)
Ich hatte mich per eMail bei Marla zum Schminken angemeldet. Nun habe ich schon eine Antwort von Ihr erhalten. Sie schreibt mir, dass das Geld im voraus überwiesen werden muss. Dies werde ich also sofort tun.
Meine letzte Freundin hatte mir das Schminken sogar ein klein wenig beigebracht. Mein Können ist aber noch relativ bescheiden. Beim ersten Mal auswärts in Frauenkleidung, möchte ich möglichst gut aussehen. Da verspreche ich mir auch ein wenig Sicherheit im Auftreten. Auf das Schminken bin ich jedenfalls schon sehr gespannt.
(8.01.02)
Heute habe ich per Versand Schuhe erhalten. Es sind einfache türkis-blaue Pumps mit bloss ca. 2 cm Absätzen. Ich möchte nicht allzu gross erscheinen, auch sind Pumps sicherlich bequemer als High-Heels.
Meine Nervosität wegen der Party ist jetzt schon zeitweise sehr gross. Manchmal spüre ich aber auch eine gewisse Vorfreude. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass ich so eine Party wenigstens einmal im Leben erleben muss. Die Zeit dazu ist reif. Für mich ist dieser Anlass sehr wichtig. Denn ich werde dann vielleicht von meiner femininen Seite in mir mehr wissen, z.B. ob ich mich an so einem Anlass wohl fühle oder nicht.
(14.01.02)
Gestern habe ich von Marla die Nachricht erhalten, dass alles i.o sei mit der Anmeldung zum Schminken. Die Tickets für die Bahnreise nach Köln, sowie eine Reservation für ein günstiges Hotel habe ich auch schon organisieren können. Nun bin ich eigentlich schon ready to go. Aber immer noch bleiben über 10 Tage.
Ich werde schon am Freitag anreisen, damit ich auch noch in aller Ruhe (oder besser gesagt in grosser Angespanntheit wegen der anstehenden Party?) ein wenig die Stadt Köln anschauen kann.
Heute Abend habe ich mich übrigens schon wieder in meiner Wohnung als Frau zurechtgemacht. Zurzeit ist der Drang danach so gross wie noch nie. Ich weiss nicht, was noch passieren wird, wenn dieses Verlangen noch grösser wird. Aber ich fühle mich einfach als Frau sehr wohl und fühle mich auch irgendwie geborgen. Gleichzeitig fühle ich mich aber auch sehr einsam in solchen Momenten.
(18.01.02)
Gestern Abend habe ich mir noch einmal überlegt was ich für die Party anziehen soll. Ich werde wohl nun doch nicht das schwarze Kleid auswählen, sondern etwas bunteres und moderneres. Nun bevorzuge ich einen beigen, ärmellosen Rollkragenpullover, der auch ein wenig glitzert, und einen dunkelvioletten Rock mit einem Gürtel.
Es ist schon erstaunlich wieviele Gedanken ich mir über die Kleidung für diese Party mache. So ist es für mich sonst nicht so wichtig, welche Männerkleidung ich im Alltag trage. Da entscheide ich sehr spontan, was ich anziehe.
Nun geht es noch eine Woche zur Party. Ich habe mir schon oft vorgestellt wie der Abend wohl verlaufen wird. Ich hoffe, dass ich einfach nicht den ganzen Abend alleine rumstehen werde, denn ich würde sehr gerne nette, liebe Menschen kennenlernen, die ähnlich denken und fühlen wie ich.
(23.01.02)
Letzte Anprobe:
So war ich an der Party anzutreffen.
(25.01.02)
Heute bin ich per Zug nach K�ln gefahren. Die Fahrt aus der Schweiz dauerte ca 6 Stunden. Damit habe ich wohl eine der l�ngsten Anreise. Meine Gef�hle sind nun sehr angespannt. Zum Teil bin ich sogar voller Vorfreunde. Ich sehne die Party nun richtiggehend herbei.
Abends gehe ich noch Essen und besuche danach eine stimmungsvolle K�lner Kneipe. Das brachte mich auf ganz andere Gedanken.
(26.01.02: vor der Party)
Ich nutze die Gelegenheit den K�lner Dom zu besuchen. Von aussen betrachtet, gef�llt mir der K�lner Dom sehr gut. Allerdings im Innern finde ich es alles andere als toll. Es hat so etwas bedr�ckendes, welches ich als sehr unangenehm empfinde.
Danach geht es ab zur Fussg�ngerzone. K�ln ist zum Einkaufen schon fast ein Paradies. Mich zieht es immer wieder zu den Kleidergesch�ften und traue mich sogar in die Frauenabteilungen. Am liebsten m�chte ich einfach in den Kleidern rumst�bern und sie ausprobieren. Dazu traue ich mich nicht. In einem Schaufenster von H&M gef�llt mir ein moderner Rock ausgezeichnet. Nur knapp kann ich der Versuchung wiederstehen ihn zu kaufen.
Am Nachmittag gehe ich zur�ck ins Hotel und ruhe mich noch ein wenig aus. Dann gilt es ernst. Ich mache mich bereit zur Party. Nach der Dusche ziehe ich mir schon das "weibliche Darunter" an. Zuerst ziehe ich mir den Slip an, danach streife ich mir schwarze halterlose Str�mpfe �ber, welche ich an einem Strumpfhalterg�rtel befestige. Danach folgt noch ein schwarzer Push-up-BH und auch schon eine feine goldige Halskette und ein Armband.
Mit Jeans, Hemd und Socken sieht man dann nichts mehr von meinem Darunter. So geht's ab zur Party.
Gender Change Party 26.1.02 in K�ln
(26.01.02: Party-Time)
(Vorbemerkung: Es kann sein, dass ich im folgenden gewisse Bezeichnungen als Neuling falsch verwende oder dass ich vielleicht in meiner Party-Beschreibung unabsichtlicht jemanden mit meinen Worten verletze, da ich das Ganze ja manchmal auch versuche nicht immer ganz ernst zu nehmen. Wenn Euch etwas nicht gef�llt (oder vielleicht sogar gef�llt), dann gebt mir doch einfach kurz ein Feedback.)
Kurz vor 19:00 treffe ich am Partyort mit einem �usserst mulmigen Gef�hl ein. Mein Puls erreicht jetzt einen aussergew�hnlichen Wert. Im Raum sind schon recht viele Leute anwesend. Zum ersten Mal sehe ich viele Transgender in einem Raum beisammen. Ich erschrecke leicht und denke, dass ich hier vielleicht doch falsch bin. Ich gehe zum Garderobenteil, der sich direkt hinter der Showb�hne befindet. Es herrscht reges Treiben. Ich denke mir nun erst richtig. Oops ! Wo bist Du da denn gelandet ? Was sind hier bloss f�r seltsame Leute, die sich beim Kleider anziehen und beim Schminken so viel M�he geben ?
Nach kurzem �berlegen ziehe ich mir dann nat�rlich doch meine Jacke und Jeans aus. Meine Strumpfhosen kommen zum Vorschein. Sp�testens jetzt geh�re ich auch zu dieser "ein klein wenig verr�ckten" Transgender-Gruppe. Ich ziehe mir den Rock und meine Pumps ganz ungeniert an, "pr�pariere" noch ein wenig meinen BH. Mit der Damentasche und mit der Per�cke in den H�nden, geht's dann ab zum vereinbarten Schminken. Im Schminkraum sind die beiden "Visagisten" Marla und Wolfgang, welche mich freundlich empfangen. Wolfgang schminkt mich dann sehr professionell (Ist es sogar sein Beruf ?). Sch�n finde ich, dass wir uns auch ein wenig unterhalten und sogar auch ein klein wenig scherzen. Dadurch sinkt meine Nervosit�t betr�chtlich und ich f�hle mich immer wohler. Nachdem ich meine blonde Per�cke aufsetze, bin ich hellauf begeistert, wie ich geschminkt bin. Vielen Dank, Wolfgang.
Nun geht's unter die Leute. Die TG's sind �usserlich total verschieden. Es gibt grosse und kleine, �ltere und junge, dickliche und sehr schlanke, d.h. vom Aussehen her gibt es den typischen TG nicht. Zudem gibt es auch gewaltige Unterschiede in der Kleidung. z.B. Lackkleider, "Grossmutterrock", Pettycoat, elegantes Abendkleid, freches schwarzes Kleid, Blusen, Petticoat, Minirock, Hotpants. Es gibt fast alles. Dies macht die Party unheimlich bunt und interessant. Fast bin ich stolz dazuzugeh�ren.
Vom Charakter her vermute ich, dass es sehr viele Gemeinsamkeiten (z.B. tolerant, freiheitsliebend, r�cksichtsvoll, sensibel) gibt. Viele scheinen auch eine sehr gute Ausbildung (ich habe �brigens Informatik studiert und arbeite nun als Softwareentwickler) zu haben. Allerdings denke ich, dass viele schlechter ausgebildete noch keinen Internetanschluss haben und daher nicht wissen k�nnen, wann und wo eine solche Party stattfindet.
Ich setze mich an einen Tisch und lerne gleich interessante Transgender kennen.
Ein TG erz�hlt, dass sie (Anmerkung: im folgenden verwende ich f�r Transgender die weibliche Form) ihr Leben vor einem Jahr radikal umgestellt hat und nun v�llig als Frau lebt. Jemand anders erz�hlt mir, dass sie seit knapp 30 Jahren verheiratet ist und ihre weibliche Seite sehr dezent aus�bt. Ihre Frau ist zwar nicht ganz gl�cklich dar�ber, akzeptiert es aber, was ja auch nicht so schlecht ist. Sie war immerhin auch schon einmal an einer Transgender-Party mit dabei. Diesmal ist sie allerdings zuhause geblieben.
Es freut mich, dass auch Partnerinnen von TG's anwesend sind. Mir f�llt besonders ein sehr junges Paar auf. Der jungen Frau ist es sichtlich ein wenig unbehaglich, aber ich finde, die beiden gehen sehr z�rtlich und liebevoll miteinander um. Ich werde richtig neidisch, denn ich w�rde auch sehr gerne wieder einmal eine h�bsche, nette Freundin haben. Ich bin jetzt schon seit �ber einem Jahr Single.
Dann wechsle ich nach oben, wo sich auch die Theke befindet. Die Preise f�r Getr�nke und Verpflegung sind �beraus tief, jedenfalls f�r schweizerische Verh�ltnisse. Hinter der Theke ist auch Marla anzutreffen. Sie scheint �berall zu sein. (An dieser Stelle einfach vielen Dank an das Organisationsteam. Das war wirklich eine Super-Party!)
An der Party bin ich fast st�ndig irgendwo unterwegs. Ich kann mich einfach nicht stillhalten. Im Gegensatz dazu gibt es etliche, welche "ihren" Tisch kaum verlassen. (Anmerkung: Falls jemand vielleicht den Eindruck hatte, ich wollte "wegfliehen", dann hat es get�uscht. Ich fand eigentlich alle Leute sehr nett.)
In der oberen Etage ist es ein wenig leiser und daher bestens geeignet neue Leute kennenzulernen. Ich treffe auf eine Klique, die sich alle schon gegenseitig kennen. Darunter hat es sehr aufgestellte, liebe und interessante Menschen. Es freut mich, mit einigen von Ihnen sprechen zu k�nnen. Mit Marlene, der Partnerin von Nadia, gehe ich sogar kurz tanzen. Danke Marlene, f�r Deine liebe Art.
Bald darauf findet auch die traditionelle Miss Gender Change- und Miss Experience-Wahl statt. Diese Misswahlen sind beim Publikum sehr beliebt und auch mich interessieren sie. Die Kandidatinnen werden interviewt und mann/frau erf�hrt sogar sehr interessante Details aus den Leben der Kandidatinnen.
Ein wenig sp�ter findet eine Showeinlage mit S�ngerinnen statt. Der H�hepunnkt dabei ist sicher das Lied von Reinhard Mey "�ber den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein".
Oben treffe ich auf einen Mann, welcher eine franz�sische Polizeiuniform tr�gt. (Diese Uniform ist ja sehr bekannt aus den Louis de Fun�s -Filmen !). Er erz�hlt mir, dass er schon das 5. Mal an der GCP sei, jedesmal in einer anderen Uniform. Er macht mir sch�ne Komplimente und macht mir auch ein wenig den Hof. Ich f�hle mich geschmeichelt und geniesse f�r einmal die Rolle als Frau. Irgendwie ist es schon ein sehr sch�nes, angenehmes Gef�hl umschw�rmt zu werden. Schliesslich bin ich mir ja sowas nicht gewohnt.
Besonders freut mich auch ein Kompliment von Julia �ber mein Aussehen. (Sie half mit beim Unterhaltungsteil und f�hrte als Moderatorin zusammen mit Daniela pr�chtig durch den Abend.). Julia und ich tanzen noch ein wenig in dem inzwischen schon fast leeren Tanzbereich.
Um 3:30 neigt sich die Party langsam dem Ende zu. Die meisten sind schon unterwegs nach Hause. Mich dr�ngt es noch �berhaupt nicht nach Hause, denn ich f�hle mich en femme sehr wohl. Aber schliesslich geht's doch zum Umziehen und Abschminken.
(27.01.02)
Es ist Sonntag Nachmittag, meine Gef�hlswelt f�hrt Achterbahn. Ich bin st�ndig den Tr�nen nahe. Die grosse Nervosit�t ist zwar weg, aber ich f�hle eine merkw�rdige Mischung von Gl�ck und Traurigkeit zugleich in mir.
St�ndig gehen mir die Lieder "I Believe I Can Fly" und "�ber den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein" durch den Kopf. Frei zu sein, aber auch anderen ihre Freiheit nicht einzuschr�nken, bedeuten mir unheimlich viel. Nach der gestrigen Party f�hle ich mich doch irgendwie befreit und bin sogar auch ein wenig stolz, den Schritt en femme auszugehen, gewagt zu haben. Ich weiss, dass es sicher nicht meine erste und letzte derartige Party war. Dazu f�hlte ich mich unnter den lieben Partyleuten in Frauenkleider zu wohl. Aber ich bin eben auch nachdenklich, weil ich keine Ahnung habe, wo mich mein Weg noch hinf�hrt.