En femme in Sydney
(Erstellt:10.4.2002)
Am 2.3.2002 fand in Sydney wieder die berühmte Mardi Gras Parade statt. Ich war dabei und zwar en femme (zum ersten Mal in der freien Welt !). Im folgenden ist zu lesen wie es mir dabei ergangen ist. F�r mich war dies schon ein sehr spezieller Abend :
So gegen 19:00 erreiche ich ganz normal als Mann den Platz in Sydney, wo die Paradeteilnehmer sich versammeln und sich auf den Umzug vorbereiten. Es hat schon unheimlich viele Leute und es herrscht eine gespannte Stimmung. Ich mache schon ein paar Fotos.
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Warten auf den Start
Ich fasse dann endgültig den Entschluss mich als Frau zurechtzumachen. Ich mache mich auf zu einer öffentlichen geräumigen Toilette, welche sich ein bisschen abseits vom Trubel befindet. Nun ziehe ich mir ein blaues Sommerkleid an und schminke mich in aller Eile. Ich denke mir, dass ich wohl nun völlig crazy bin. Wieso mache ich dies bloss ? Aber ich lasse mich durch solche Gedanken nicht aufhalten und gehe en femme zurück zur Parade. Die Zuschauer sind sehr dicht gedrängt und zusätzlich stehen sehr viele auf mitgebrachten Stühlen. So kann ich leider nicht sehr viel sehen. Darum laufe ich recht weit rum. Viele Leute begegnen mir dabei. Erkennen sie, dass ich keine richtige Frau bin ? Es fällt mir auf, dass vor allem viele Frauen mir sehr tief in die Augen schauen. Was denken Sie ? Finden Sie mich lächerlich oder vielleicht doch ganz interessant ?
Endlich finde ich eine Stelle, wo ich die Parade gut einsehen kann. Die Parade ist unheimlich farbenprächtig und vielseitig. Die Stimmung ist ausserordentlich gut.
Mir fällt auf, dass die Menschen, welche die Parade mitmachen dürfen, ein wunderschönes Strahlen in den Augen haben. Am liebsten wäre ich mitgelaufen, vielleicht sogar in einem extravaganten Kleid.
überrascht bin ich allerdings, dass die meisten Zuschauer "normale" Kleider tragen. An der Streetparade in Zürich z.B. sind die Zuschauer sehr viel extravaganter gekleidet.
Am Schluss der Parade komme ich in Kontakt mit einer Gruppe von Gays and Lesbians aus Sydney. Sie sind sehr freundlich. Eine von Ihnen macht folgendes Foto von mir:
Sie wollen mich zum Tanzen mitnehmen. Ich lehne ab, da mir der Weg dorthin zu weit weg ist und ich die Gegend dort nicht kenne. Hinterher bereue ich meinen Entschluss.
Danach gehe ich zur Ecke Oxford Street/Flinders Street. Dort feiern noch sehr viele Leute. Ich treffe dort auf eine lustige Gruppe aus Polen, die in Sydney Business und Englisch studieren. Sie wollen mit mir ein Foto machen. Dabei haben wir sehr viel fun.
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Mit den Studenten aus Polen
Stimmungsbild von der Ecke Oxford Street / Flinders Street
Danach verabschiede ich mich und schlendere der berühmten Oxford Street entlang. Plötzlich ergreift ein kräftig gebauter Mann einfach meine rechte Hand. Ich bin richtig überrascht. Er sagt, er möchte mich zu einem Freund bringen. Auch will er meine Telefonnummer. Ich gebe ihm deutlich zu verstehen, dass ich dies nicht will. Nach einer kurzen Diskussionszeit versteht er es und ich bin ihn "los".
Nach einiger Zeit entdecke ich darauf Drag Queens. Ich zücke meine Fotokamera. Ganz spontan nehmen sie mich in Ihre Mitte. Eine Kollegin von Ihnen macht dann folgendes Foto (leider nicht allzu gut) mit meiner Kamera:
Drag Queens
Danach entschliesse ich mich umzuziehen. Unterwegs zu "meiner" Toilette fragen mich im Abstand von ein paar Minuten gleich 2 hübsche Frauen nach dem Weg. Offenbar halten Sie mich für eine Frau. Beide Male schüttle ich einfach meinen Kopf ein wenig. Ich gehe weiter und merke entsetzt, dass die Toilette nach 24:00 geschlossen ist. Ich sehe auf die Uhr, es ist schon 20 nach Mitternacht. Wo soll ich mich nun umziehen ? Der Puls steigt wieder ziemlich an. Ich schlendere durch den Hyde Park, überlege kurz ob ich mich im Park umziehen soll. Aber es hat mir zuviele Leute. Ich entdecke dann eine Disco, gehe rasch bei dem Türsteher vorbei und entdecke dann die Männertoilette. An Männer vorbei spaziere ich en femme zielgerichtet auf ein Toilettenabteil zu und schliesse mich dort ein. Ich atme auf, die Männer reagieren nicht. Im engen Toilettenabteil ziehe ich wieder meine Shorts und T-Shirt an und schminke mich ab. Ich bin erleichtert als ich als Mann die Disco verlasse.
Fazit:
Ich gebe zu, dass ich den Abend zeitweise nicht geniessen konnte. Dann gab es wieder Phasen (z.B. die Begegnungen mit den Sydneyanern und den Studenten aus Polen) in denen ich mich sehr wohl fühlte. Ich habe ein stetes Auf und Ab der Gefühle erlebt, d.h. manchmal war ich fast ängstlich, fühlte mich unbehaglich mit recht wenig Selbstbewusstsein, dann aber auch wieder war ich glücklich und entspannt. Jedenfalls war dieser Abend für mich schon sehr intensiv und mit recht viel Nervenkitzel verbunden.
Ich habe mich auch sehr oft gefragt, ob ich als Mann erkannt werde. Da vermute ich, dass man/frau an einem speziellen Tag wie der Mardi Gras eher erkannt wird, da die Leute auf dieses Thema schon sensibilisiert sind.
Ich glaube, ich möchte die Mardi Gras Parade nicht noch einmal alleine en femme erleben. Alleine kann es auch recht gefährlich sein, da leider sehr viel Alkohol getrunken wird. Allerdings könnte ich mir es in einer Gruppe ohne weiteres noch einmal vorstellen. In einer Gruppe macht es sicher auch noch mehr Spass.